Privatflugzeuge sind „nur für die Reichsten unserer Gesellschaft bezahlbar“. – Diese Meinungsäußerung möchte die Privatflugzeug-Firma Piper laut einem Anwalts-Schreiben (in Bezug auf ihren Geschäftsbereich) verbieten, verbunden mit der Aufforderung, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und Anwaltskosten über 1.300 Euro zu übernehmen. Den Brief erhielt, Jona Königes, 60 Jahre, tätig in der Altenpflege und Mitglied im Bündnis „Kassel Airport Stoppen“, nach einem kritischen Leserbrief zum Kassel Airport in der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen (HNA) vom 26. Juni.
Das gesamte Segment „Privatflugzeug“ gilt als Phänomen der Reichsten unserer Gesellschaft. Der Großteil der Deutschen fliegt wohl weder mit dem Privatjet zu Hochzeiten nach Sylt oder Venedig, noch für berufliche Zwecke per Kleinflugzeug nach Frankfurt oder Berlin. Auch gibt es sicher günstigere Hobbys als Flugsportvereine, auch wenn die Kosten durch gemeinsame Nutzung gesenkt werden können. In jedem Fall ist es nicht Aufgabe der Steuerzahler, einen Flughafen für weit überwiegend derartige „Privatflüge“ zu finanzieren, findet das Bündnis.
Doch genau um diese Frage gehe es beim Flughafen in Calden. So soll Königes nach dem Willen von Piper nicht mehr äußern, dass Privatflieger 90 Prozent des Flugverkehrs am Kassel Airport ausmachen. Die überwiegende Nutzung durch kleine Privatmaschinen kritisiert das Bündnis, weil die öffentlichen Hand jährlich für mehrere Millionen Euro Minus beim Airport aufkommt. Die Kritik richtet sich dementsprechend an die Gesellschafter des Flughafens (Stadt und Landkreis Kassel, Land Hessen und Gemeinde Calden), nicht an die Firma Piper.
Das Bündnis empfindet das Anwalt-Schreiben als einen Versuch der Piper Deutschland AG, öffentliche Kritik am Flughafen zu unterdrücken.
„Möglicherweise fühlt sich die Piper Deutschland AG durch unsere Recherchen und Meinungsäußerungen unter Druck gesetzt. Wir lassen uns nicht einschüchtern oder mundtot machen, sondern werden den Flughafen weiter öffentlich kritisieren.“, so Dagmar Embshoff vom Bündnis „Kassel Airport stoppen“.
Königes ging es in dem Leserbrief nicht um Piper, sondern um den am öffentlichen Tropf hängenden Kassel Airport mit seinem alljährlichen Millionen-Minus.
Er wollte zu bedenken geben, dass der weitaus größte Teil der gerne ins Feld geführten 1.300 Arbeitsplätze auch ohne den Flughafen in der jetzigen Form auf dem Gewerbegebiet fortbestehen würde. Ob Piper 60 oder über 100 Arbeitsplätze hat, ändert nichts daran, dass es insgesamt offensichtlich unter 200 Arbeitsplätze in mehreren kleinen Firmen sind, die direkt auf die Rollbahn angewiesen sind, so das Bündnis.
Von Piper nicht kritisiert wurde, dass „Privatflieger die ökologisch schädlichste Form sind, sich von A nach B zu bewegen“. Letztlich geht es „Kassel Airport Stoppen“ genau darum: Wollen wir als Gesellschaft wirklich einen „Privatflieger-Flughafen“ subventionieren und damit obendrein die ohnehin eskalierende Klimakrise noch befeuern?
In Zeiten in denen beispielsweise der Landkreis Kassel bei Sozialleistungen und Schulpersonal spart, erscheint diese Frage durchaus angemessen.
„Dass ein solches Unternehmen versucht, öffentliche Kritik durch juristischen Druck mundtot zu machen, ist ein Angriff auf die demokratische Debattenkultur“, so Jona Königes. Mit Ausnahme einer unglücklichen Formulierung hält Königes an allen wesentlichen Aussagen im Leserbrief fest und würde sie im Zweifel auch vor Gericht verteidigen. Er freut sich darauf, diese Tatsachen auch in der Öffentlichkeit zu diskutieren.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sagte im Zuge der aktuellen bundesweiten Debatte um Einschüchterungsklagen: „Kritische Berichterstattung, wissenschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement sind für unsere Demokratie elementar. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Stimmen mit missbräuchlichen Klagen unterdrückt werden – nur weil sie Einzelnen nicht passen.“ (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, Pressemitteilung vom 20. Juni 2025)
Das Bündnis solidarisiert sich ausdrücklich mit Jona Königes und fordert Piper Deutschland auf, die Abmahnung umgehend zurückzunehmen. Vor allem fordert das Bündnis endlich eine offene Debatte über die Herabstufung und Nachnutzung des Flughafens. „Es kann nicht sein, dass die Pflege, die Schulen und die Uni Kassel kaputt gespart werden sollen und gleichzeitig weiterhin Millionen in das Steuergrab Airport Kassel gesteckt werden.“, bekräftigt Gabriel Herr, Students for Future.
Aktueller Stand am 15.07.2025, unser Widerstand hat gewirkt: die Firma Piper will schonmal drei der fünf Punkte der Unterlassungserklärung fallen lassen und fordert „nur“ noch einen Betrag von über 800,- € für ihre Anwaltskosten. Ohne uns wir bleiben dran!
Aktueller Stand am 18.7.2025, die Abmahnung ist noch nicht zurückgenommen. Aber jetzt endlich ist die Firma Piper auf ein Diskussionsangebot zur Zukunft des Flughafens eingegangen. Wir freuen uns über diese Kehrtwende und werden weiter gegen das „Steuergrab Kassel Airport“ aktiv sein!
Aktueller Stand vom 23.7.2025, Piper hat eine zweite (!) Abmahnung geschickt und fordert weitere Anwaltskosten und ein Strafgeld von über 6.000,- €.
Inzwischen hat der Hessische Rundfunk einen Beitrag über diesen Fall gedreht und am 22.7.2025 ausgestrahlt. Den Beitrag könnt ihr hier sehen: Hessenschau
Aktueller Stand vom 28.7.2025, die Firma Piper hat mitgeteilt, dass der Fall „für sie nun erledigt sei“. Über die Gründe läßt sich nur spekulieren. Die angemahnten Punkte werden nun nicht weiter vor Gericht geklärt. Eine Diskussionsveranstaltung ist weiter geplant.
Wenn Du mit uns aktiv werden oder uns unterstützen willst, schreib uns an info@kassel-airport-stoppen.de
Daneben freuen wir uns auch über Spenden für die Gerichtskosten an unser Vereinskonto unter kassel-airport-stoppen.de/spenden


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