Green-Washing am Boden und in der Luft

Presse-Erklärung zur Aktion am 20.9. beim Green Aviation Day in Calden

Am Samstag lud der Kassel Airport zum „Green Aviation Day“. Den Gästen wurde mit buntem Programm Glauben gemacht, dass zukünftig elektrisches Fliegen in Calden auf dem Plan stehe, wenn auch nur für die kleinen Privatflieger-Maschinen. Mit am Start war das Bündnis „Kassel Airport Stoppen“: Schon am Eingang wurden die Besucher von einer grün behangenen Wäscheleine
empfangen mit dem Slogan: „Kein „Greenwashing“ am Kassel Airport!“.

Das Bündnis brandmarkte die Pläne vom elektrischen Fliegen als grünes Feigenblatt, dass von den alljährlich versenkten Steuergeldern des Flughafens ablenken solle. Auf dem Flughafen-Gelände schwärmte man derweil davon, dass Kassel ein Drehkreuz für den elektrischen Flugverkehr wird und damit endlich aus den roten Zahlen herauskommt. Ein realistisches Ziel? Oder vielmehr der Versuch, den seit 14 Jahren am Tropf öffentlicher Finanzierung hängenden Flughafen positiver in der Öffentlichkeit zu platzieren?

Technisch gesehen ist die Ausstattung von Flugzeugen mit Elektromotor nur für kleine Maschinen möglich, da die Batterien für normale Linienflieger viel zu schwer wären. E-Flugzeug heißt somit: absolutes Luxussegment. Auch die öffentliche Förderung eines E-Flughafens erscheint daher befremdlich: Für 95% der Bevölkerung wird das gegenüber Zug, Bus und Auto nie eine Option sein. „Hier sollen wie bisher Spielplätze für die Reichsten der Gesellschaft subventioniert werden!“, so Jona Königes vom Bündnis Kassel Airport Stoppen, dem aktuell 7 Organisationen vom BUND Kassel über die Students for Future bis zu Greenpeace Kassel angehören.

Die Aktiven sind teils mit Elektrorädern hergeradelt und reimen auf großen Pappschildern: „Besser im Liegerad liegen als im Luxusflieger fliegen.“ Oder: „Busse und Bahn liegen darnieder, keine Subvention für elektrische Flieger!“ Und: „Elektrisches Fliegen: ein Feigenblatt. Wir haben die Steuerverschwendung satt!“


Was ist also dran an den Plänen vom elektrischen Fliegen? Bei Airbus kennt man schon lange die Schwierigkeiten, die mit einem CO2-neutralen Antrieb
verbunden sind. Seit einigen Jahren wurde an einer elektrischen Flugtaxientwicklung gearbeitet. Jedoch war das Projekt von einer Wirtschaftlichkeit soweit entfernt, dass Airbus es wieder auf Eis legte. Insgesamt hatte Airbus einen dreistelligen Millionenbetrag investiert und erst im letzten Jahr eine neue Halle in Donauwörth gebaut. Das Ziel: 4 Menschen 100 km weit zu transportieren konnte nicht erreicht werden. Der Grund dafür ist der nicht ausgereifte Stand der Technik bei der Batterieherstellung.

Auch andere Entwickler und Produzenten von E-Flugzeugen gehen reihenweise
pleite oder beenden ihre Projekte vorzeitig, wie z.B. das US-Start-Up Eviation, das alle Mitarbeiter entlassen hat oder der bayrischen Flugtaxientwickler Lillium, der im Februar erneut Insolvenz angemeldet hat.

„Elektrisches Fliegen ist die Zukunft der Regionalluftfahrt und ein klares Zeichen für die Zukunftsfähigkeit des Kassel Airports“, so der Aufsichtsratsvorsitzende des Kassel Airport Uwe Becker, Hessischer Finanzstaatssekretär. Die oben dargestellten Beispiele zeigen jedoch das Gegenteil und werfen die Frage auf, ob die Vorschläge tatsächlich ernst gemeint sind. Vielmehr wirken sie wie ein Ablenkungsmanöver von der fehlenden wirtschaftlichen Perspektive des
Airports. Denn elektrisches Fliegen ist sehr weit von einer Marktreife entfernt.
Und damit keine naheliegende Perspektive für den Kassel Airport.

Dieser plant zwar mit dem kleinen Start-Up Evia Aero/Bremen eine Photovoltaik-Anlage auf dem Airport zu installieren. Doch auch Evia Aero kann keine E-Flugzeuge zaubern, sondern möchte – laut eigener Pressemitteilung – 10 elektrische Flugzeuge bei dem Hersteller MD Aircraft/Friedeburg/Nds. kaufen. MD Aircraft baut zwar Flugzeuge, hat jedoch auch keine eigene Motorenproduktion für E-Flugzeuge. Diese Motoren entwickelte seit 10 Jahren bisher nur Rolls
Royce. Aus diesem Grund hat MD Aircraft im letzten Herbst seine Zusammenarbeit mit Rolls Royce vertieft. Rolls Royce jedoch ist schon seit längerem erfolglos auf der Suche nach einem Käufer für seine chronisch defizitäre E-Motoren-Entwicklungsabteilung – und schließt diese nun
folgerichtig.

Woher und wann sollen die 3 elektrischen 9-Sitzer also kommen, die Evia Aero laut dem Geschäftsführer des Kassel Airport am hiesigen Flughafen stationieren will? Selbst bei Existenz und unrealistischer „Vollauslastung“ dieser drei Flieger käme man bei den erwarteten 1000 Flugbewegungen pro Jahr nur auf 27.000 Passagiere. Dem Kassel Airport fehlen aber 480.000 Passagiere selbst für die worst case-Prognosen von 600.000 Passagieren für 2020. Auch die E-Flieger wären somit nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein namens Kassel Airport, für den unsere Steuermillionen verbrannt werden.

Wenn man sich diese Zahlen und all die Rückschläge im CO2-neutralen Flugverkehr anschaut, dann wirkt die Ankündigung des Airports, nun auf E-Flugzeuge zu setzen, wie eine grüngefärbte Beruhigungspille. Sie passt leider nur zu gut ins Bild eines öffentlich finanzierten Privatflughafens für die Reichsten.
Eine PV-Freiflächenanlage auf dem Flughafen ist dennoch eine gute Idee. Darüber hinaus gibt es genug sinnvolle Nachnutzungs-Ideen für die Airport-Fläche. – Und noch mehr Ideen für die Nutzung der jährlichen Steuermillionen, von denen derzeit am Airport Kassel zu 90% kleine Privat-Flieger profitieren.

Ein paar Kinder spielen mit den grünen Papierfliegern, die das Bündnis mit einem Augenzwinkern am Eingang überreicht. Aufschrift: „Pappflieger statt Privatflieger! Kein „greenwashing“ am Kassel Airport!“ Ansonsten alles wie gewohnt am Airport: Wenig Betrieb – auch bei diesem Tag der offenen Tür in grün.

Mehr Infos:
https://kassel-airport-stoppen.de/2025/07/03/neue-luftschlosser-fur-den-kassel-airport/

Unterschreibt unseren Offenen Brief an den Landrat Andreas Siebert:
https://weact.campact.de/petitions/kein-steuergeld-fur-luxusfluge-am-kassel-airport-2

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